Hallo!

Ich bin Elena North.

Die Geschichte, die ich euch erzählen möchte,

ist eine sehr lange, also hoffe ich,

ihr habt Geduld mitgebracht.

Sie führt mich viele Jahre zurück,

als ich gerade erst in Glassbolt angekommen war…

… im Nichts.

Da war wirklich nichts mehr, alles hatte der Atomunfall dem Erdboden gleichgemacht.

Übrig blieben nur trockener, unfruchtbarer Erdboden, Steine, und der Fluss.

Aber genau hier stellte ich meinen kleinen Unterschlupf hin.

Es war ein dreistöckiges Gebäude, aber dennoch war alles,

was ich die nächste Zeit benötigen würde, im Erdgeschoss.

Eine Luftmatratze, unkomfortabel war noch das Geringste, würde als mein Bett fungieren.

Ein Schachtisch würde meine einzige Spaß-Quelle sein.

Es gab so gut wie kein fließend Wasser, ein paar Spritzer ins Gesicht mussten in den nächsten Jahren genügen.

Und wenn ich etwas zu essen wollte,

musste ich mir im Fluss einen Fisch fangen und ihn grillen.

Aber ich habe mich immer noch nicht richtig vorgestellt.

ICH- – das war damals eine junge Frau,

die gerade erst aus dem „Wonder Child“ Projekt gekommen war.

Als ich für das Glassbolt-Projekt aufgestellt wurde,

hatten viele ihre Zweifel.

Eine Frau, und noch dazu eine Blondine. Aber hey!

Ich hab’s ihnen gezeigt.

Mein Nachbar Johnny war der Erste, der sich zu meinem Unterschlupf traute.

Und er war sofort bezaubert von mir…

Natürlich vermisste ich das richtige Kochen.

Ich liebe gutes Essen, und ich wollte nicht mein ganzes restliches Leben lang

nur noch Fisch essen.

Also ging ich zur örtlichen Suppenküche, um mich vorzustellen,

und sie gaben mir einen Job.

Nun kochte ich jeden Tag Fischsuppe für die Bewohner von Glassbolt.

Ich mochte meine Arbeit. Sie war meine Mission.

Und, die Tage allein im Unterschlupf waren lang, sehr lang.

Ganz alleine Schach zu spielen wird mit der Zeit eher langweilig.

Ich ging jeden Tag fischen, um für mich und für die anderen den besten Fisch zu bekommen…

… Und dann, das Übliche. Warten, Schach spielen, die Zeit totschlagen.

Und es war Fisch, jeden einzelnen verdammten Tag.

Zumindest gab ich ihm jeden Tag eine andere besondere Würze.

Die Tage vergingen… schlafen, angeln, Fisch kochen, essen, schlafen, angeln…

Die Radioaktivität hatte ihre Effekte. Ich hatte eine Heidenangst,

raus zu gehen und auf Zombies zu treffen.

Also blieb ich meist im Unterschlupf und verließ ihn nur

zur Arbeit und zum Fischen direkt hinter meinem Haus.

Oh, und dann die Rechnungen. Diese kriminelle Bande nahm mir jeden Montag

mein gesamtes Geld ab, das ich die Woche vorher eingenommen hatte.

Es war sinnlos. Ich arbeitete wirklich für gar nichts.

Aber ich liebte meine Arbeit trotzdem.

Es war etwas Gutes,

ich tat etwas Gutes für die Gemeinschaft,

indem ich ihr gutes Essen zukommen ließ.

Ich war „die Frau am Grill“.

Oder „die heiße Braut mit dem besten Fisch in der Stadt“.

Sehr lange ließ ich keinen Mann in mein Leben.

Nur Johnny kam hin und wieder vorbei, um mit mir Schach zu spielen.

Wir waren Nachbarn, also sah ich das als normal an.

Lange Zeit war es mir nicht möglich, hinauszugehen,

mich auf eine Parkbank zu setzen und nur „da zu sein“.

Ich hatte viel zu viel Angst vor dem, was vielleicht draußen lauern könnte.

Aber es war okay. Ich lernte einige nette Leute kennen.

Nur die Liebe meines Lebens, die fand ich nicht.

Zurück nach Hause und zum Fischen.

Mein kleines tägliches Ritual.

Ich wurde besser und besser darin, den Fisch in ein köstliches Mahl zu verwandeln…

aber ich wollte immer noch mehr.

Ich erwartete ein Leben voll von gutem Essen, und Liebe.

Und vielleicht sogar eine Familie…

… Träume…

Dann stand eines Tages plötzlich Johnny vor der Tür,

und ich hatte nur meinen Bademantel an,

weil ich gerade erst aufgestanden war… und ich riskierte es.

Was könnte schiefgehen?

Ich pflanzte einen sanften Kuss auf Johnnys weiche Lippen und war zu überrascht,

als er leidenschaftlich zurückküsste.

Dann:

DER DURCHBRUCH BEI DER ARBEIT!!!

Ich organisierte ein superbes Riesen-Suppen-Event –

und Leute etwas außerhalb der Region bekamen Wind davon. Jetzt halfen sie uns, brachten frische Lebensmittel in LKWs und reparierten unsere Gasleitungen.

Endlich konnte ich mir eine richtige kleine Küchenzeile leisten.

Ich war so glücklich!

Endlich konnte ich schneiden, schnippeln, würfeln, mixen, braten, und alle anderen Dinge, in meiner eigenen kleinen Küche.

Her mit den Stahlmessern!

Schnippel schnippel schnapp!

Rühren und nochmal rühren!

Mmmm, was für ein Aroma! Das wird so lecker schmecken!

OH. MEIN. GOTT.

DAS IST DER HIMMEL IN EINER SUPPENSCHÜSSEL.

 

Nun, da mein erster Wunsch nach gutem Essen wahr geworden war,

arbeitete ich an meinen anderen beiden Wünschen:

Liebe, und einer Familie…

Johnny war leicht zu überzeugen.

Ich schwöre euch,

das Leben ist anders, wenn du nach einem halben Leben Fisch essen wieder richtig gut essen kannst.

Und natürlich fühlte es sich großartig an zu sehen,

dass ich meine Familie mit gutem Essen ernähren konnte…

… aber das war jetzt ein zu großer Sprung in der Erzählung, nicht wahr?

ICH WERDE EINE KURZE ATEMPAUSE MACHEN UND DANN WEITERERZÄHLEN. ’

Bis dann verbleibe ich

mit herzlichsten Grüßen

eure

Elena North